„Das PEBK ist für mich ein Ort gelebter Vielfalt und Offenheit.“ - Ein Interview mit unserem scheidenden Schulleiter Friedrich Kuß
Hallo Herr Kuß,
ich freue mich darauf, mit Ihnen ein kleines Interview zu Ihrem Abschied vom PEBK zu führen.
Sie haben diese Schule in den letzten Jahren stark geprägt und werden eine zukunftsfähige und meiner Meinung nach richtig gute Schule hinterlassen.
Wie viele Jahre Ihres Lebens haben Sie eigentlich am PEBK verbracht?
Wenn ich zurückblicke, habe ich insgesamt 28 Jahre meines beruflichen Lebens am PEBK verbracht. Angefangen habe ich damals als Fachlehrer für Gartenbau und nach einigen Jahren als Bereichsleiter durfte ich schließlich die Schule erst als stellvertretender Schulleiter und die letzten 8 Jahre als Schulleiter führen. Diese Zeit war für mich eine Zeit intensiven Lernens, Gestaltens und Wachsens – sowohl persönlich als auch beruflich.
Wenn Sie zurück denken an den Beginn Ihrer Zeit als Schulleiter, was dachten Sie, würde das Schwierigste in diesem Job werden, und was ist es in der Nachbetrachtung nun tatsächlich geworden?
Zu Beginn meiner Amtszeit hatte ich großen Respekt vor der Aufgabe, die Interessen und Bedürfnisse so vieler verschiedener Gruppen – Lehrende, Lernende, Eltern, Ausbildungsbetriebe, Schulverwaltung und externe Partner – miteinander in Einklang zu bringen. Ich dachte, das würde die größte Herausforderung werden: Allen gerecht zu werden und dabei die Schule weiterzuentwickeln.
In der Rückschau war es tatsächlich die ständige Notwendigkeit, mit Veränderungen umzugehen und diese aktiv zu gestalten. Die Anforderungen an Berufskollegs haben sich in den letzten Jahren enorm gewandelt – Digitalisierung, neue pädagogische Konzepte, gesellschaftliche Veränderungen, der Umgang mit Krisen wie z.B. der Corona-Pandemie. Es war oft eine Gratwanderung zwischen Bewahren und Innovieren. Besonders anspruchsvoll war es, das Kollegium und die Schülerschaft in diesen Prozessen mitzunehmen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden.
Und was würden Sie sagen, war die angenehmste Erinnerung während Ihrer Zeit als Schulleiter am PEBK?
Es gibt viele schöne Erinnerungen, aber besonders bewegend waren für mich immer die Momente, in denen ich miterleben durfte, wie junge Menschen über sich hinauswachsen. Die Abschlussfeiern sind für mich jedes Jahr ein Höhepunkt gewesen – zu sehen, wie Schüler*innen, die vielleicht mit Unsicherheiten oder Schwierigkeiten gestartet sind, am Ende stolz ihre Zeugnisse in Empfang nehmen und voller Zuversicht in die Zukunft blicken.
Auch die Zusammenarbeit im Kollegium hat mir viel Freude bereitet. Ich erinnere mich gern an die vielen Projekte, die wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben, sei es die Einführung von Sprachbildungs- und Integrationskonzepten, die Digitalisierung des Unterrichts oder unsere vielen Schulveranstaltungen. Es war immer ein tolles Gefühl, wenn wir als Team etwas erreicht haben und die Begeisterung auf alle übergesprungen ist.
Inwiefern hat sich der Lehrerjob in all den Jahren, in denen Sie aktiv waren - sei es als junger Lehrer oder als Schulleiter - verändert?
Der Beruf der Lehrerin bzw. des Lehrers hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Als ich angefangen habe, lag der Fokus noch sehr stark auf der reinen Wissensvermittlung. Heute sind Lehrer*innen weit mehr als reine Wissensvermittler; sie sind Lernbegleitende, Coaches, manchmal auch Sozialarbeitende und stets Motivierende.
Die Digitalisierung hat den Unterricht revolutioniert – von der Einführung digitaler Medien bis hin zu neuen Formen des Lernens, wie blended learning oder individualisierte Lernpfade. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die soziale Kompetenz und die Flexibilität der Lehrkräfte gestiegen. Themen wie Inklusion, Integration und der Umgang mit Heterogenität prägen den Schulalltag viel stärker als früher. Auch die Anforderungen der Berufswelt an die Kompetenzen der Auszubildenden sind deutlich umfangreichen und diffiziler geworden.
Ich finde diese Entwicklung grundsätzlich positiv, auch wenn sie uns alle immer wieder herausfordert, uns weiterzuentwickeln und offen für Neues zu bleiben.
Was hat Sie denn als junger Mensch eigentlich dazu bewogen den Lehrerberuf zu ergreifen?
Meine Berufung kam erst relativ spät mit der Aufnahme des Agrarreferendariats nach dem Studium der Agrarwissenschaften. Neben Verwaltungs- und Beratungsaufgaben beinhaltet das Referendariat auch die Lehrtätigkeit und schnell sprang der Funke über. Ich hatte das Glück, schnell zu spüren wie viel Freude und Sinn es machen kann, Wissen und Werte weiterzugeben. Mich hat die Vorstellung gereizt, junge Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, sie zu unterstützen, wenn es schwierig wird, und sie zu ermutigen, an sich zu glauben. Der Lehrberuf schien mir die perfekte Mischung aus Fachlichkeit, sozialem Engagement und persönlicher Entwicklung zu bieten – und das hat sich für mich bis heute bewahrheitet.
Was zeichnet Ihrer Meinung nach unsere Schule insbesondere aus?
Das PEBK ist für mich ein Ort gelebter Vielfalt und Offenheit. Wir haben eine sehr heterogene Schülerschaft mit unterschiedlichsten Hintergründen und Herkünften sowie Lebenswegen und Zielen und genau das macht unsere Schule so besonders.
Was das PEBK auszeichnet, ist der starke Gemeinschaftssinn. Hier wird Wertschätzung großgeschrieben, und es gibt ein echtes Miteinander zwischen Lernenden, Lehrenden und allen Mitarbeitenden. Wir sind immer bereit, neue Wege zu gehen und innovative Ideen auszuprobieren, sei es bei der Digitalisierung, bei internationalen Projekten oder in der Berufsorientierung.
Besonders stolz bin ich auf die vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen, die sich mit Herzblut für die Schule einsetzen und immer wieder kreative Lösungen finden, um unsere Schüler*innen bestmöglich zu fördern.
Gibt es etwas, dass Sie insbesondere unseren jungen Kolleg*innen am PEBK ans Herz legen möchten?
Ich möchte unseren jungen Kolleginnen und Kollegen mitgeben: Habt Mut, authentisch zu sein und eure eigenen Ideen einzubringen. Der Lehrberuf ist eine lebenslange Lernreise – bleibt neugierig, offen für Veränderungen und bereit, euch weiterzuentwickeln.
Scheut euch nicht, um Hilfe zu bitten oder Fehler zu machen – daraus lernt man am meisten. Nutzt die Unterstützung und Erfahrung der älteren Kolleginnen und Kollegen, aber bringt auch eure frischen Perspektiven ein. Und ganz wichtig: Bewahrt euch eure Begeisterung für die Arbeit mit jungen Menschen, denn sie ist der Motor für alles, was wir tun.
Die Struktur der Berufskollegs in Dortmund unterliegt in den letzten Jahren einem großen Wandel. Der Schulversuch mit dem RBZ, also dem Verbund der acht städtischen Dortmunder Berufskollegs, ist nach über einem halben Jahrzehnt gerade beendet worden und mündet nun in eine neue Rechtsform. Wo sehen Sie den Verbund der Dortmunder Berufskollegs in 10 Jahren?
Ich bin überzeugt, dass der Verbund der Berufskollegs in den kommenden zehn Jahren noch enger zusammenwachsen wird. Die Herausforderungen – etwa der Fachkräftemangel, die Digitalisierung oder die Integration von Jugendlichen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen – können wir nur gemeinsam bewältigen.
Ich sehe große Chancen in einer stärkeren Vernetzung: Durch gemeinsame Projekte, abgestimmte Bildungsangebote und einen intensiven Austausch können wir die Qualität der beruflichen Bildung weiter steigern. Vielleicht werden wir in zehn Jahren sogar einen noch flexibleren Wechsel zwischen den einzelnen Kollegs ermöglichen, sodass die Schüler*innen individuelle Bildungswege gehen können.
Wichtig wird sein, dass wir dabei die Eigenständigkeit und die besonderen Profile der einzelnen Schulen bewahren, aber gleichzeitig von den Synergien profitieren, die ein starker Verbund bietet.
Schauen wir ein wenig in Ihre Zukunft.
Wird es den harten Bruch mit dem Schulleben geben oder dürfen wir Sie auf Pensionärstreffen, Kollegiumsausflügen und -feiern erwarten?
Ganz ehrlich: Ich kann mir einen vollständigen Bruch mit dem Schulleben kaum vorstellen. Die Schule und die Menschen hier sind ein wichtiger Teil meines Lebens geworden, und ich freue mich darauf, auch im Ruhestand noch in Kontakt zu bleiben – sei es bei Pensionärstreffen, Kollegiumsausflügen oder Schulfesten.
Natürlich freue ich mich auch auf mehr Zeit für Familie, Freunde und neue Vorhaben, aber ich werde das PEBK und die Gemeinschaft sicher nicht aus den Augen verlieren.
Haben Sie schon Pläne für Ihren Ruhestand, die Sie uns verraten können?
Ja, ich habe mir einiges vorgenommen! Zunächst möchte ich mehr reisen und Länder entdecken, für die bisher nie genug Zeit war. Außerdem freue ich mich darauf, mich mehr meinen Hobbies wie dem Gärtnern, Tischtennisspielen und Motorradfahren zu widmen und bestimmt werde ich auch einige neue Projekte starten.
Darüber hinaus kann ich mir gut vorstellen, mich ehrenamtlich zu engagieren – zum Beispiel in der Bildungsarbeit oder in sozialen Projekten.
Noch ein kurzer Blick in die Zukunft des PEBK. Gibt es etwas, das Sie der zukünftigen Schulleiterin bzw. dem zukünftigen Schulleiter dieser Schule mit auf den Weg geben können?
Mein wichtigster Rat wäre: Vertrauen Sie auf die Stärken Ihres Teams und fördern Sie eine offene, wertschätzende Kommunikation. Die Schule lebt von den Menschen, die sie gestalten – geben Sie ihnen Raum für eigene Ideen und Entwicklungen.
Bleiben Sie offen für Veränderungen, aber verlieren Sie nie das Wohl der Schüler*innen aus dem Blick. Und vergessen Sie nicht, dass Humor und Gelassenheit oft die besten Begleiter im Schulalltag sind.
Außerdem finden Sie in Frau Loeser eine außergewöhnlich talentierte stellvertretende Schulleiterin mit der ich stets unkompliziert, sehr gewinnbringend und vertrauensvoll zum Wohle des PEBK zusammenarbeiten durfte.
Und zuletzt vielleicht noch ein paar Worte an unsere Schülerinnen und Schüler. Mit all Ihrer Erfahrung als Lehrer und Mensch, welche Impulse oder Gedanken möchten Sie unserer Schülerschaft mitgeben?
Ich möchte Sie ermutigen, neugierig zu bleiben und Ihre eigenen Wege zu gehen – auch wenn er manchmal steinig erscheint. Nutzen Sie die Chancen, die Ihnen das Leben und die Schule bieten, und haben Sie den Mut, Fragen zu stellen und Dinge auszuprobieren.
Glauben Sie an sich selbst, auch wenn es mal Rückschläge gibt. Jeder von Ihnen hat besondere Talente und Fähigkeiten – entdeckt Sie diese und bringen Sie sich ein. Und denken Sie daran: Bildung ist mehr als das, was im Lehrplan steht. Es geht auch darum, Verantwortung zu übernehmen, Respekt zu zeigen und gemeinsam etwas zu bewegen.
Herr Kuß, herzlichen Dank für das Interview und alles erdenklich Gute für Ihre schulfreie Zukunft. Wir werden Sie vermissen.
Das schriftliche Interview führte Timo Gelück
Die Bilder stammen von der einer vorgezogenen Verabschiedung unseres Schulleiters durch den Bereich Gartenbau und die Schüler*innen.
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